Pilger und Pilger

Es gibt viele Pilger. Also nicht nur gerade in Hontanas, einem verschlafenen Dorf in der Meseta, das ohne das Glück, direkt an der Strecke zu liegen, wahrscheinlich längst verfallen und leer wäre. So aber reihen sich drei Herbergen aneinander und der Bürgermeister wird sich über die Gewerbesteuer freuen.

Aber ich wollte eigentlich auf die unterschiedlichen Pilger hinaus. Da gibt es zum Beispiel einen Hund, der an seinem Halsband auch eine Pilgermuschel hat, zusammen mit seinem – ich vermute – baskischen Frauchen unterwegs ist und abends total artig in der Herberge ist. Sein Frauchen hat eine Sprühflasche mit, mit der sie ihn hin und wieder mit Wasser besprüht. Und natürlich einen tragbaren Wassernapf.

Dann gibt es da aber auch einen 91-jährigem Deutschen, der gemeinsam mit seiner Tochter unterwegs ist. Sie gehen kurze Etappen, nehmen auf manchmal den Bus und ab und an lassen sie die Rucksäcke transportieren. Obwohl sich der alte Herr dagegen wehrt, wie seine Tochter sagt. Aber ich habe größten Respekt vor seiner Leistung. Ich habe die beiden nur von hinten in Burgos fotografiert. Ich will den Herrn nicht bloßstellen.

Und es gibt sehr wenig Radpilger. Und die paar sind dann meist Spanier, die zu zweit oder zu dritt unterwegs sind.

Bei den Fußpilgern ist man nicht so angesehen, wenn man mit dem Rad unterwegs ist. Man kann abends nicht in Sandalen seine Blasen präsentieren oder muss die Treppen rückwärts runterlaufen. Keine aufgeschlagenen Knie oder blaue Flecken von irgendwelchen Stürzen im Gesicht. Nein, ich bin einfach frisch und gut drauf. Das kann kein Pilgern sein!

Man kommt sich ein bisschen vor, als sei man mit dem Mofa unterwegs. Na ja – Somport-Pass war ohne Mofa.

Dabei war heute ein richtig anstrengender und trotzdem guter Tag. Zuerst ging es durch die Berge und es war eine traumhafte Landschaft. Kein Verkehr, nebelig, angenehm kühl und immer bergauf, bergauf, bergauf. Aber das juckt mich inzwischen nicht mehr.

Berge merke ich gar nicht mehr in den Beinen. Mal sehen, wie das am Cruz de Ferro und am O Cebreiro wird.

Burgos hat der alte Kunsthistoriker in mir genutzt, um Mittagspause zu machen und einen Stempel abzuholen. Ich bezahle in Kirchen keinen Eintritt. Das ist moderner Ablasshandel.

Eine richtig gute Erfindung sind die vielen Brunnen in Spanien. In jedem noch so kleinen Dorf steht einer, aus dem frisches, kaltes Wasser kommt. Was will man mehr?

Also schön mit Wasser und bei angenehmen Temperaturen 102 Kilometer nach Hontanas geradelt.

Der Rückflug ist seit gestern gebucht. Denn bei aller Liebe und auch wenn es im Moment richtig Spaß macht, ich bin jetzt seit sechs Wochen unterwegs und das Zigeunerleben ist dann irgendwann auch mal gut. Am 28. Juni geht es heim.

Aber schöne braune Arme sind es ja! 😀

7 Kommentare zu „Pilger und Pilger

  1. Genialer Bericht ueber eine Tour von Schwerin bis Santiago. Im Moment herrschen in Madrid wuestenhafte und windstille (das ist das Schlimmste) Temperaturen von 40 Grad, also sei froh, dass die Temperatur um Burgos herum angenehm ist. Hoffe die letzte Etappe bleibt so und Du geniesst die spanische, faszinierend wechselhafte Landschaft in vollen Zuegen. Von SC zum Atlantik ist es übrigens ein Katzensprung, und die Kueste ist superschön! Spanien ist anders, aber Klasse!

    Like

  2. Na toll! … das Ganze soll dann schon VORBEI sein?! ….und was soll ich dann nach dem 28. Juni so lesen …?! Wo soll ich aus einem bisher (fast) täglich sprudelnden europäischen Bildungsbrunnen trinken….?
    😦
    Hm … ?!
    Das WILL ich mir gar nicht vorstellen!
    Nein!
    Da mache ich nicht mit!

    Like

  3. Dass Fußpilger kein Herz für Radpilger haben, stimmt leider. Das haben mir meine radelnden Camigos auch erzählt. Und sie klagten ihr Leid, dass sie immer erst als letztes in die Herbergen durften. Wie gut, dass du ein Zelt hattest!

    Like

Hinterlasse einen Kommentar