Über den Berg

Das Wichtigste zuerst: Heute hat mein Stiefkind Geburtstag. Und der heutige Tag und die Überquerung des Somport-Passes sind ihm oder besser gesagt ihr gewidmet.

Rieke, Du bist ein Sonnenschein in meinem Leben.Aber jetzt zum Weg. Ich werde mich heute nicht über spanische Geschichte oder den Sinn und Zweck des Pilgerns auslassen. Nein, heute geht es um die letzten vier Kilometer der Passstraße. Wenn ich auf dem Weg für meine Sünden Ablass bekommen soll, dann habe ich auf den letzten vier Kilometern auch noch gleich die Sünden für alle Idioten und Idiotinnen, die ich jemals kennengelernt habe, gebüßt. Es sei ihnen verziehen, dass sie so sind, wie sie sind.

Die Landschaft ist grandios.

Aber leider hat man dafür irgendwann keinen Blick mehr, wenn man auf der letzten Rille fährt.

1.000 Höhenmeter auf sechs Kilometer Entfernung. Und das mit 22 Kilo Gepäck in den Taschen. Nie wieder.

Aber am Somport ankommen, dort wo ich mit meiner Frau und dem Stiefkind den Weg vor zwölf Jahren gestartet bin, ist grandios.

Ich habe mich dann entschlossen, nicht in Canfranc-Estacion zu bleiben. Der wunderhübsche Bahnhof war ohnehin dicht, die alte Abfertigungshalle konnte ich leider nicht besichtigen. Ein großer Zaun um alles. Also habe ich die 30 Kilometer bis Jaca noch schnell runtergerissen. Ging ja ohnehin nur bergab.

In Jaca bin ich endlich in einer Pilgerherberge und die Betten sehen noch so aus, wie vor zwölf Jahren.

Nur, dass es jetzt Gaze-Überzüge für Kopfkissen und Matratze gibt. Ein Traum. Gut gegessen, guter Tinto – jetzt werde ich gut schlafen und bin guter Dinge für alles, was kommen wird. Ziemlich viel „Gut“ für einen Abend.

Ach, und noch etwas. Ab sofort wird rückwärts gezählt.

Das ist doch ein Klacks mit der Wichsbürste, hätte die alte Frau Kempowski gesagt.

4 Kommentare zu „Über den Berg

  1. wooooow …. das macht mich wirklich sprachlos!
    Vor zwei Tagen habe ich fast an der gleichen Stelle wieder zwei auf einer Karte sich zurechtsuchende Radfahrer getroffen, einer Anfang/MItte 30, einer Anfang /Mitte 70, die von Würzburg bzw Heidelberg nach Hamburg fuhren. Das ist ja nun für dich und Frau Kempowski kaum noch ernst zu nehmen, oder?
    Verfolge nun die Rückwärtszählung weiter – respektvoll, ehrerbietig, … hochachtungsvoll!

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