So muss Pilgern sein. Hitze, Schweiß und eine Herberge, in der man eines der letzten Betten bekommt. Ich widme die heutige Etappe von Navarrete nach Belorado Inga Humpe.
Wer die nicht kennt, soll bei YouTube unter „36 Grad und es wird noch heißer“ suchen.
Außerdem danke ich ausdrücklich der Firma Coca-Cola. Sonst trinke ich Eure Brause ja nur äußerst selten. Aber auf Radtouren rettet die beinahe gesättigte Zuckerlösung in eiskaltem Zustand. Danke, dass Ihr Eure Flaschen und Dosen auch noch in der letzten Tienda der spanischen Provinz verkauft. Ohne die braune Brause wäre ich wahrscheinlich nicht mal bis Köln gekommen. Von der Hitze Spaniens ganz zu schweigen.
Heute war Snto. Domingo de la Calzada angesagt. Und es waren tatsächlich Hühner in der Kathedrale. Warum sind Hühner in einer Kirche, fragt sich da der Ungepilgerte. Ganz einfach, wegen des Hühnerwunders.
Vor Urzeiten pilgerte eine Familie aus dem Rheinland nach Santiago de Compostela. Sie machten in einem Wirtshaus in Snto. Domingo de La Calzada Halt und die Tochter des Wirtes hatte eindeutige Absichten gegenüber dem Sohn der Familie. Der ging darauf aber nicht ein, und das Luder hatte aus Rache nichts anderes zu tun, als ihm einen silbernen Becher ins Gepäck zu schmuggeln und ihn des Diebstahls zu bezichtigen. Der junge Mann wurde angeklagt, verurteilt und noch am selben Tag gehängt.
Die Eltern, zu Tode betrübt, setzten ihre Pilgerreise fort und kamen nach etlichen Tagen auf dem Rückweg wieder in Snto. Domingo vorbei. Der Sohn hing noch am Galgen, aber er lebte, da ihn der Heilige Domingo die ganze Zeit gehalten hatte. Als die Eltern das sahen, gingen sie zu dem Richter und baten darum, ihren Sohn frei zu lassen, da er noch am Leben und das ein Beweis seiner Unschuld sei.
Der Richter war gerade beim Essen und hatte vor sich zwei gebratene Hühner zu stehen. Über das Ansinnen der Eltern lachte er nur und meinte: „Euer Sohn ist so sehr am Leben, wie diese Hühner vor mir.“
Darauf streckten die beiden Vögel ihre Flügel, der Hahn krähte noch einmal und die zuvor noch gebratenen Tiere flogen davon. Der Richter war ob dieses Wunders überzeugt und ließ den Sohn frei. Alle waren glücklich und seitdem werden in einem Käfig in der Kathedrale Hühner gehalten.
Ansonsten ist der Ort überhäuft mit Andenkenläden, in denen es Heilige in allen Formen und Farben zu kaufen gibt.
Was nach Snto. Domingo kommt, könnte man als das Große Nichts bezeichnen. Nein, eigentlich würde man der endlosen Landschaft mit ihren Weizen- und Mohnfeldern unrecht tun. Denn zwei Dinge gibt es im Übermaß: Sonne und Hitze. Und weil das Land den Pilger liebt, gibt es beides gleichzeitig. Zum Glück ist die Landstraße bis Belorado meist leicht abschüssig. In der Hitze des frühen Nachmittags Anstiege zu meistern, wäre ein Ding der Unmöglichkeit oder würde in einem Kreislaufkollaps enden. Und die Hitze hat den Vorteil, dass kaum Verkehr auf den Straßen ist. Denn der Spanier als solcher wird den Teufel tun und mittags um halb drei mit dem Auto durch die Landschaft fahren.
Nur der unerschrockene Pilger hat dem allem getrotzt und ist im Schweiße seines Angesichts noch die 20 Kilometer bis Belorado geradelt. Und jetzt hat er in der Herberge erst mal ein großes Bier für sich ganz allein.
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