Pilgert doch auf der Aida!

230 Kilometer bislang. Wer sich vorher bange macht, ist schlecht beraten. Alle Befürchtungen, die Temperaturen würden uns fertig machen, sind nicht eingetreten. Immer knapp um die 30 Grad und dazu ein leichter Nordwind. Wind ist gut, Nordwind nicht so ganz. Einfach die falsche Richtung.

Die ersten zwei Tage ab Sevilla waren ein stetiges Hoch-und-Runter. Das war mehr als erwartet. Aber machbar.

Was nur schwer zu bewältigen ist, ist die Herbergssituation. Wer auf die Idee kommt, eine kommunale Herberge im Mai zu renovieren, wenn Pilgersaison ist, hat es entweder nicht nötig, Geld zu verdienen oder ist im Netzwerk der lokalen Bauunternehmer gefangen. Ich vermutete Letzteres. Dann fallen mal eben 62 Betten in einer Ortschaft weg.

Die privaten Herbergen sind restlos überfüllt. Die haben oftmals aber auch nur acht oder zehn Betten. Also sitzt der Pilger abends um sechs bei einem Getränk, aber ohne Schlafplatz, bucht eine Pension in der nächsten Ortschaft per booking.com und schwingt sich nochmal aufs Rad.

Ich habe auch die unschöne Vermutung, dass der mitteleuropäische Pilger inzwischen so verweichlicht ist, dass er schon vom heimischen Rechner aus, Herbergen reserviert. Am besten immer Plätze in vier Herbergen, man weiß ja nicht, was unterwegs alles passieren kann. Dann bucht doch eine Flusskreuzfahrt mit all inklusive!

Jetzt mag man sagen, dass Radfahren mit Pilgern auch nichts zu tun hat. Oder dass man sich manisch an den ausgeschilderten Weg halten muss und um des heiligen Jakobuswillen ja nicht auf der Landstraße fahren darf. Ja kann man. Kann man aber auch drüber diskutieren. Aber vorgebuchtes Pilgern nimmt jede Ungewissheit und jede Überraschung aus der ganzen Angelegenheit.

Was soll’s. Wir sind inzwischen in Mérida. Und ich muss nochmal was zur Herbergssituation schreiben.

Mérida

An der hiesigen Herberge angekommen, fragte ich den Mann und die Frau hinter der Rezeption nach zwei Schlafplätzen. Wie sich erst später herausstellen sollte, handelte es sich nicht um die Hospitaleros, sondern eher um Mitarbeiter der Preisklasse Gehilfe.

Nun gut. Innerhalb von Sekunden entwickelte sich ein Zwiegespräch zwischen den Beiden. Er fing an aufzuzählen, wer schon alles da sei. So wie ich es verstanden habe, sagte er, wir haben zwei Holländer, einen Franzosen, zwei Spanier, einen Deutschen usw. Sie antwortete mit einer anderen Aufzählung. Dem widersprach er natürlich auf das Heftigste. Das ging dann ein paar mal hin und her und in einer Lautstärke, dass ich schon überlegte, die Guardia Civil zu holen. Das alles sollte dazu dienen, herauszubekommen, ob noch zwei Plätze frei sind. Das Ende vom Lied war, dass es nur noch einen Platz gäbe.

Der Pilger also wieder raus zum anderen Pilger und beraten. Nun ist Mérida glücklicherweise eine größere Stadt und es gibt genügend andere Unterkünfte. Wir also schnell das Hostal Senero per booking.com gebucht. Dem Erfinder der Plattform müsste man mal eine Preis überreichen, das nur nebenbei.

Kaum war das alles erledigt und bezahlt, kommt aus der Herberge der richtige Hospitalero angerannt und ruft mir zu, dass doch noch zwei Betten frei wären. Zu spät, mein lieber Freund. Dafür haben wir jetzt ein Doppelzimmer mit eigener Dusche. Es läuft.

Ach ja, Zafra war natürlich auch schön.

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